Wenn in Deutschland Wahlabend ist, blickt die Nation auf eine Vielzahl von Parteien und stellt sich die Frage: Wer wird die stärkste Partei? Wer geht mit wem eine Koalition ein? Ein ganz klassisches Mehrparteiensystem eben. In den Vereinigten Staaten herrscht hingegen seit 160 Jahr das Zweiparteiensystem – bestehend aus der Demokratischen und der Republikanischen Partei, das heißt allerdings nicht, dass es nur diese beiden großen Parteien gibt.
couchFM US-Wahlnacht 2020
Green Party of the United States
Die Green Party wurde 1991 gegründet und ist heutzutage die wichtigste Grüne Organisation der USA. Sie setzt sich für Basisdemokratie und Soziale Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Geschlechtergerechtigkeit ein, zu ihren Basiswerten gehören Frieden, Ökologie und Demokratie. Im Gegensatz zu den meisten anderen grünen Parteien weltweit waren Vertreter der Green Party of the United States fast ausschließlich bei Kommunalwahlen erfolgreich. Ralph Nader erreichte bei den Präsidentschaftswahlen 0,7 Prozent im Jahr 1996 und 2,7 Prozent im Jahr 2000. 2016 kandidiert Jill Stein bei den Präsidentschaftswahlen für die Green Party.
Präsidentschaftskandidat der Green Party: Howie Hawkins
Howie Hawkins ist ein amerikanischer Gewerkschafter und Umweltaktivist sowie Mitbegründer der Green Party. Hawkins hat vierundzwanzig Mal für verschiedene Ämt
er kandidiert, jedoch immer erfolglos. Am 11. Juli 2020 wurde Hawkins offiziell zum Kandidaten der Grünen Partei für die US-Präsidentschaftswahlen 2020 gewählt. Sei Programm beinhaltet den „Green New Deal“, der zum Teil durch Kürzungen der Militärausgaben, Medicare für alle, eine bundesstaatliche Arbeitsplatzgarantie, einen Mindestlohn von 20 Dollar und ein garantiertes Mindesteinkommen finanziert werden soll.
Wählerschaft
Die meisten Unterstützer der Green Party leben an der Pazifikküste, der Gegend der Großen Seen und im Nordosten der USA.
In diesem Jahr hatte Wisconsin mit 19 die höchste Pro-Kopf-Anzahl an grünen Abgeordneten. Die Partei ist vor allem für die interessant, die eine Alternative zu den zwei großen Parteien wollen, eine pazifistische Einstellung haben und den Klimawandel aktiv angehen wollen.
Libertarian Party
Die Partei wurde 1971 gegründet und ist mit über 200.000 registrierten Wählern und über 600 Amtsträgern eine der größeren Drittparteien der Vereinigten Staaten. Sie tritt für eine libertäre Politik und favorisiert eine weitgehend freie Marktwirtschaft. Auf politisch Ebene einen Minimalstaat (staatliche Aufgaben auf Polizei, Militär, Justiz einschränkt) unter Ablehnung jeglicher Eingriffe des Staates in die Wirtschaft und in das Soziale. In der Vergangenheit lagen die Ergebnisse von Kandidaten der Libertarian Party bei Präsidentschaftwahlen um etwa ein Prozent oder darunter. Ed Clark hatte 1980 1,1 Prozent erreicht, Gary E. Johnson, der auch 2016 kandidiert, erreichte 2012 0,99 Prozent.
Präsidentschaftskandidatin der Libertarian Party: Jo Jorgensen
Jo Jorgensen ist Psychologin und libertärepolitische Aktivistin. Im Jahr 1992 kandidierte Jorgensen bei der Wahl zum Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten. Sie trat als Libertäre an, belegte mit 2,2 % der Stimmen den dritten Platz. Vor der Präsid
entschaftswahl 1996 in den Vereinigten Staaten ernannte die Libertarian Party Jorgensen zur Vizepräsidentin des Autors Harry Browne. Jorgensen wurde im ersten Wahlgang mit 92 Prozent der Stimmen nominiert. Browne und Jorgensen, die in allen 50 Bundesstaaten und im D.C. gewählt wurden, erhielten insgesamt 485.759 Stimmen, womit sie mit 0,5 % der Stimmen der Bevölkerung den fünften Platz belegten. Zu dieser Zeit war dies die beste Leistung der Libertarian Party seit 1980. Am 13. August 2019 beantragte Jorgensen bei der FEC ihre Kandidatur in den Vorwahlen der Libertären Partei für die Präsidentschaftswahl 2020. Am 23. Mai 2020 wurde Jorgensen die offizielle libertäre Präsidentschaftskandidatin. Damit war sie die erste Frau, die die libertäre Kandidatin wurde, und der einzige weibliche Präsidentschaftskandidat für 2020. Am selben Tag verwendeten Jorgensens Unterstützer Hillary Clintons inoffiziellen Wahlkampfslogan von 2016, „I’m With Her“, erneut, um auf mutmaßliche Opfer sexueller Übergriffe des demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden und des Präsidenten Donald Trump aufmerksam zu machen. Der Slogan war in dieser Nacht auf Twitter angesagt und machte landesweite Schlagzeilen.
Wählerschaft
Die Libertarian Party ist für die US-Amerikanern interessant, die eine Alternative zu den zwei großen Parteien wollen und sich gegen das de facto Zweiparteiensystem entgegen setzen und für mehr Alternativen und Vielfalt einstehen. Zudem decken die Third Parties oft Themen ab, mit denen sich die Demokraten und Republikaner kaum oder nicht befassen.
Warum spielen außer den Demokraten und den Republikaner keine andere Partei eine Rolle?
In den USA ein häufig zu beobachtendes Phänomen: Hang zum Binären. Alles ist entweder schwarz oder weiß – Schattierungen gibt es kaum: Man ist Republikaner oder Demokrat, Für oder gegen den Besitz von Waffen. Der Amerikaner will entw
Anders als in Deutschland gibt es in den USA keine staatliche Teilfinanzierung des Wahlkampfes aus Steuermitteln, wobei auch hier gesagt werden muss, dass der Wahlkampf der Parteien in Deutschland längst nicht die Gelder schluckt, wie der amerikanische. Denn in Deutschland gilt die Regel, dass eine Partei nicht mehr Geld durch staatliche Unterstützung erhalten darf als durch Mitgliederbeiträge und Spenden. In den Vereinigten Staaten gehen Geld und Wahlkampf eine unzertrennliche Beziehung ein. Wie engmaschig diese Beziehung ist, wird deutlich, wenn man sich ansieht, wie viel Spendengelder Biden und Trump zum diesjährigen Wahlkampf eingenommen haben:
Joe Biden hat bislang mit 531 Millionen US-Dollar am meisten Geld direkt eingenommen; unabhängige oder nominell unabhängige Organisationen, die Biden unterstützen, haben weitere 178 Millionen US-Dollar eingeworben – das sind insgesamt 709 Millionen US-Dollar.
Donald Trump hat bislang 476 Millionen US-Dollar eingenommen; unabhängige oder nominell unabhängige Organisationen, die Trump unterstützen, haben weitere 119 Millionen US-Dollar eingeworben. Das sind insgesamt 595 Millionen US-Dollar (Quelle für beide Kandidaten: CRP, Stand: Ende September 2020).
Unternehmen investieren in Form von Spendengeldern in den Wahlkampf, da sie sich erhoffen, dadurch ökonomische Vorteile zu erhalten, dementsprechend investieren diese Unternehmen natürlich in eine der beiden Hauptparteien: Der Demokraten und Republikaner und nicht eine der kleineren Parteien, bei denen die Chance, dass sie politischen Einfluss haben werden, gering ist. Dadurch, dass aber diese kleinen Parteien nicht die Spendenmassen mobilisieren können und so auch nicht die Präsenz wie die zwei Hauptparteien zeigen können, können sie mit Parteiprogramm weniger Menschen erreichen und ergo weniger Stimmen bekommen.
TROTZDEM:
Wie bekannt: der Präsident und der Vizepräsident werden vom Volk nicht direkt gewählt. Stattdessen werden sogenannte Wahlleute für das Electoral College gewählt. Allerdings ist das Wahlrecht so geregelt, dass ein Parteiensystem mit großen Parteien unterstützt wird, denn es gilt fast überall der Grundsatz: Der Gewinner je Bundesstaat bekommt alle Stimmen: Deshalb haben kleine Parteien wie Green Party und Liberatarian Party keine realistische Chance, den Präsidenten der USA zu stellen. Aber trotzdem erfüllen sie eine wichtige Rolle: Alle politischen Meinungen und Lösungsvorschläge für gesellschaftliche Probleme kommen durch dieses Parteiensystem in der Öffentlichkeit zur Sprache. Zugleich wird effektiv verhindert, dass Personen mit extremen politischen Zielen oder Ansichten die Macht ergreifen können.
Welchen Einfluss werden die Green und Libertarian Party im Jahr 2020 nehmen?
Aufgrund des Wahl- und Parteiensystems KÖNNTEN sie zum entscheidenden Faktor bei der US-Wahl 2020 werden, so wie bereits bei den Präsidentschaftswahlen 2000 sowie 2016. So konkurrierten der Grünen-Kandidat Ralph Nader und Al Gore von den Demokraten bei der US-Wahl 2000 um die gleiche Wählergruppe. Dies kostete Gore die entscheidenden Stimmen, um gegen George W. Bush siegreich ins Weiße Haus einziehen zu können. Ähnlich verhielt es sich bei der US-Wahl 2016: Hier lag Clinton in den Meinungsumfragen deutlich vor Trump, allerdings verfehlte sie denkbar knapp den Sieg in den Bundesstaaten Wisconsin, Pennsylvania, Michigan und Florida. Der Grund: Libertarian Gary Johnson, der im Glauben war, potentielle Wähler der Demokraten und der Republikaner anzusprechen. Spätere Wahlanalysen ergaben aber, dass seine Kandidatur vorwiegend zu Lasten von Clinton ging. Zudem schickten die Green Party mit Jill Stein eine weitere Frau in den Wahlkampf, was wiederum Stimmenverluste bei Clinton herbeiführte. Zumal Stein ganz gezielt um die Gunst enttäuschter Anhänger der Demokraten warb. Auf der Grundlage des aktuellen Parteiensystems ist ein ähnliches Szenario bei der US-Wahl 2020 möglich, denn mehrere Parteien haben Kandidaten für das Präsidentenamt aufgestellt.