Im Rahmen des Human Rights Film Festivals 2020 präsentiert Michael Kranz seinen Dokumentarfilm „Questions – Was tun“. Der Münchner Regisseur und Schauspieler begibt sich auf eine Reise nach Bangladesch, die ihn nicht mehr loslassen wird und sogar handfeste Hilfsprojekte entstehen lässt. couchFM Redakteur Bjarne hat sich in den Kinosessel gesetzt und hat mit Michael Kranz über seine Reise gesprochen.
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Der Abspann ist zu sehen, das Saallicht wird eingeschaltet, der Film ist vorbei. In den letzten eineinhalb Stunden habe ich Bilder gesehen, die mich berührten; Bilder, die getränkt sind von Leid, Armut, Hunger, Schmerz und die wie ein Faustschlag wirken. Manchmal waren Sie ein erhobener Zeigefinger, manchmal ein stiller Schrei nach Hilfe und manchmal ein Appell, dessen Echo mich noch lange beschäftigen wird. Im
Film “Questions – Was tun” präsentiert uns Michael Kranz den Querschnitt eines Landes, das die meisten mit Billigmode assoziieren: Bangladesch. Ich habe ihn gefragt, wie die Idee zu diesem Film entstanden ist.
“Was soll ich da jetzt machen?”
Michael Kranz: “Ich habe einen Dokumentarfilm gesehen von Michael Glawogger und da ging‘s mir
so wie schon öfter auch bei anderen Filmen: Ich dachte: „Das ist so schlimm was ich da sehe, ich will helfen!“ und gleichzeitig habe ich mir gedacht: „Ja aber was soll ich machen da ist ein Mädchen in Bangladesch, die ist verschleppt worden die wird jetzt gezwungen sich zu prostituieren. Ich sitze hier in meinem Wohnzimmer in München, was soll ich da jetzt machen?“
Angetrieben von dem Ziel, dieses Mädchen aus dem Interview im Städtetrubel von Bangladesch zu finden, macht er sich auf die Reise, die ihn in eine völlig fremde Kultur führt. „Aus guten Gründen nichts zu tun, habe ich schon oft genug“ wird ihm dabei zur Maxime. Und entstanden ist ein Film, der zu einem Langzeitprojekt wurde.
Michael Kranz: “Also erstmal waren es zwei Jahre von der Idee bis zu dem Zeitpunkt, wo ich dann wirklich losgegangen bin und es dann wirklich gemacht habe. Und dann waren es jetzt fünf Jahre bis der fertige Film jetzt hier dasteht. Das liegt auch daran: Wir hatten keinen Sender im Boot, also hatten wir immer Geldmangel. Wir wollten auch kein Sender im Boot haben, weil wir gesagt haben, das Projekt braucht die Freiheit zu scheitern.”
Diese Prämisse, sich treiben zu lassen und das Projekt zunächst ergebnisoffen zu belassen, hat einen Film hervorgebracht, der es versteht, das Leben, die Mentalität, die Kultur minutiös einzufangen. Man betrachtet Wellblechbauten, die im Regen rasseln, man sieht verkrüppelte Hunde die schlammigen Pfade entlang humpeln, hört Schreie und blickt in leere Kinderaugen Und mitten in diesem Sumpf der Gefühle
steht ein Mann, der grellbunte Luftballons nach oben streckt. Ich denke: In diesem Mann steckt etwas von Michael Kranz, dessen Anliegen es ist, positive Impulse zu geben und zu helfen. Dabei ist er sich seiner Rolle sehr bewusst.
Michael Kranz: “Es ist ein Slalom um die Fettnäpfchen. Ich als hellhäutiger Mann mittleren Alters
mache mich auf den Weg nach Bangladesch, ein ehemalig koloniales Land, um einem jungen Mädchen zu helfen, was mich gerührt hat. Dann auch noch aus dem Prostitutionsmilieu…das ist einfach sehr komplex.”
Michael Kranz schafft es, Leid authentisch darzustellen, ohne larmoyant zu sein. Man begleitet ihn zu dem größten Bordell der Welt, was mehr einer Stadt als einem Gebäude ähnelt. Seine Mission wird dabei immer klarer: Er möchte junge Mädchen aus den für die vorbestimmten Rollen der willenlosen Prostituierten befreien.
Michael Kranz: “Es war wirklich so ein bisschen so eine essayistische Selbstsuche nach diesen Fragen, aber im Ergebnis ist jetzt schon etwas entstanden, wo ich das Gefühl habe, dass ich vielleicht Leute auch ermutigen kann mal einen ersten Schritt ins Handeln zu wagen.”
Und das schafft er.
“Questions – Was tun?” hält uns den Spiegel vor und prangert unsere merkwürdig somnambule Art an, Formen des Leids zu tolerieren und geschehen zu lassen. Der Film regt zur Selbstreflexion an und lässt sich nicht mehr abschütteln. Also unbedingt anschauen, denn „aus guten Gründen nichts zu tun habe ich schon oft genug“
Der Film wird am 31.10.20 im Kino der Kulturbrauerei im Rahmen des Filmfestivals Frauenwelten zu sehen sein. Mit ein wenig Glück trifft man sogar auf den Regisseur. Während der Dreharbeiten entstand ein Heim für Straßenjungen in Bangladesch. Dieses Projekt ist auf Spenden angewiesen. Nähere Informationen dazu findet ihr auf www.bundubundu.com
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